Das Märchen vom goldenen Festspielhaus

Die Kosten der Sanierung der Beethovenhalle steigen und steigen und steigen. Die 100-Millionen-Marke wurde längst geknackt. Nun kriechen die Spin-Doktoren aus ihren Löchern und werfen denjenigen die Verantwortung für die Kostenexplosion vor, die damals gegen das Festspielhaus und für die Sanierung gestimmt hatten. Doch einige Aussagen können nicht so stehen gelassen werden.

  • Der Businessplan, der zum Festspielhaus präsentiert wurde, war nicht belastbar. Elementare Bestandteile eines Businessplanes, zum Beispiel eine substanzielle Risiko-Analyse, fehlten einfach. Vielmehr war der vorgelegte „Businessplan“ eine Werbebroschüre. Damit einher ging eine kommunikative Märchenlandschaft, mit der die Festspielhausbefürworter Risiken herunter spielten. Zum Beispiel war anfangs immer wieder von der Deutschen Post als „Bauherr“ die Rede. Die Stadt sei also angeblich nicht selber der Bauherr und würde folglich auch keine Kostenexplosionen zu befürchten haben. Irgendwann wurde aus dem „Bauherren Deutsche Post“ ein „Bausponsor“, der eine „Projektgesellschaft“ gründen wollte. Auch die Stadt wäre Teil dieser Projektgesellschaft geworden.
  • Bei etlichen Stadtverordneten hatte die Oper dem Bonner Festspielhaus das Genick gebrochen. Bonn hat schon jetzt einen extrem einseitigen Kulturhaushalt in Richtung der Oper. Von den klammen Budgets fließen über 30 Millionen € an die „Themenbereiche“ klassische Musik. Die Zuschüsse die die Kommune an die Oper überweist, steigen im Gegensatz zu den meisten anderen Bereichen. Das Festspielhaus hätte weder die Beethovenhalle, noch die Oper oder die mit beiden Immobilien verbundenen Kosten ersetzt. Gerade diejenigen, die sich heute echauffieren, waren niemals bereit bei der Oper substanziell zu sparen oder diese gar ganz zu schließen. Im Gegenteil: man hatte die Budgets der Oper sogar auf viele Jahre mit dem Intendantenvertrag verknüpft, um sie unangreifbar zu machen.
  • Das Festspielhaus wäre kein 30-Mio-Geschenk der Deutschen Post gewesen. Vielmehr war das Sponsoring eine Nullsummen-Rechnung. Die 1,5 Millionen Euro, mit denen die Post derzeit jährlich das Beethovenfest finanziert, wären einfach nur 20 Jahre lang in das Festspielhaus geflossen. 30 Millionen Euro. Um das Beethovenfest zu erhalten, hätte die Stadt Ihren Anteil erhöhen oder das Festival streichen müssen. Spenden und Sponsoring sind in Deutschland in den seltensten Fällen ein selbstloses Geschenk, sondern vermindern die Steuerlast zu Lasten des Haushaltes.
  • Beschlossen wurde im Rat eine Sanierung und keine Kostenexplosion. Mit der Kostenexplosion hätte man rechnen können, vielleicht sogar rechnen müssen, legt man vergleichbare Projekte (siehe WCCB) zugrunde. Aber einen Beschluss über 34 Millionen Euro für die Instandhaltung zu einer Entscheidung über 100 Millionen Euro umzudeuten, gehört schlicht in das Reich der „alternativen Fakten“.

Dazu noch eine interessante Quelle zu den zu erwartenden Betriebskosten:

„Die Höhe steht laut Kulturdezernent Martin Schumacher nicht fest. Die geplante Betriebsstiftung, für die der Bund als größter Geldgeber (derzeit noch) 39 Millionen Euro reserviert hat, schießt eine jährliche Summe zu (letzter Stand: 1,4 Millionen Euro). Ob das Land NRW wie erhofft jedes Jahr „Projektmittel“ von einer Million Euro zahlen würde, ist dagegen nicht sicher. Dies sei eine Zusage der alten Landesregierung, erklärt ein Sprecher des Kulturministeriums. Sie habe für den Standort Beethovenhalle gegolten. Da es nun um die Rheinaue gehe, müsse es „weitere Erörterungen“ geben. Die Telekom hat in Aussicht gestellt, das Festspielhaus-Programm als Sponsor zu unterstützen. Knackpunkt ist die Höhe des städtischen Zuschusses, der gedeckelt werden soll – in ungeklärter Höhe. Bevor das Festspielhaus-Projekt auf Eis gelegt wurde, sprach die Verwaltung von jährlich drei Millionen Euro.“

„Festspielhaus Bonn: Die Stunde der Wahrheit schlägt“, General-Anzeiger, 23.11.2011

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