Leitfaden für Splitterparteien nach Kommunalwahlen am Beispiel Bonn

In den Wochen nach der Wahl werden in den Kommunen von NRW nicht nur Koalitionsverhandlungen geführt. Die Fraktionen werden umgebaut, die Räume in den Rathäusern neu verteilt, Geschäftsordnungen der Räte neu verhandelt. Dazu gehören auch die Größe und Einberufung von Ausschüssen, Redezeiten und natürlich die Aufwandsentschädigungen für Stadtverordnete oder sogenannten „sachkundigen Bürgern“. Diese Detailregelungen können für kleinere Gruppierungen drastische Auswirkungen haben.

Finanzielle Zuwendungen an Mandatsträger, Gruppen und Fraktionen:

Für die Legislaturperiode 2014 – 2020 hatte die Verteilung der finanziellen Zuwendungen in Bonn folgende Zuwendungen für kleine Parteien, Gruppen und Einzelstadtverordnete zum Resultat:

Einzelstadtverordneter (1 Mandat):

– 400,-€ monatl. Aufwandsentschädigung
– 1 Raum

Gruppe (2 Mandate):

– 400,-€ monatl. Aufwandsentschädigung pro Mandatsträger
– 1 Raum
– 2.200,-€ monatl. für Büro, Personal, etc. pro Mandatsträger

Fraktion (3+ Mandate):

– 400,-€ monatl. Aufwandsentschädigung pro Mandatsträger
– 2 Räume
– 2.200,-€ monatl. für Büro, Personal, etc. pro Mandatsträger
– 1.000,-€ monatl. für den Fraktionsvorsitzenden

Ab Fraktionsstärke werden außerdem Fraktionssitzungen oder die Teilnahme an Ausschussitzungen mit 17,90,-€ pro Teilnehmer (Stadtverordnete oder sachkundige Bürger) vergütet. Bei größeren Fraktionen erhalten auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende eine Zuwendung, Ausschussvorsitzende erhalten ebenfalls 1.000,-€ monatlich. Jeder Gruppe/Fraktion wird ein Besprechungsraum zur Verfügung gestellt.

Ausschüsse und sachkundige Bürger:

2016 gab es in Bonn 42 Ausschüsse. Davon sind 12 Ausschüsse relevant für kleinere Parteien, weil sie groß genug sind (22 Mitglieder), um nach Haare-Niemeyer auch diesen Gruppierungen die Entsendung von Stadtverordneten oder sachkundigen Bürgern zu ermöglichen. Erst ab einer Fraktionsstärke von 5-6 Stadtverordneten, ist rechnerisch die Entsendung eines zweiten, stimmberechtigten Ausschussmitgliedes möglich.

https://www.bonn.sitzung-online.de/public/gr010?menu=Ratsgremien

Weiter gibt es diverse Beiräte, Jurys, Aufsichtsräte, die mindestens nach Parteienproporz besetzt und gewählt werden:

https://www.bonn.sitzung-online.de/public/gr010?menu=Sonstige+Gremien

Auch für kleine Gruppen ist es möglich, in Absprache mit anderen Parteien, zum Beispiel einen Sitz im Polizeibeirat zu erringen.

Die Ausschüsse werden in Relation zum Wahlergebnis nach Haare-Niemeyer besetzt.
Die größten Ausschüsse sind in Bonn 22 stimmberechtigte Ausschussmitglieder stark.

Beispiel für eine „Gruppe“ (zwei Mandatsträger) und Fraktionen bis 5 Mandatsträger:

  • Hauptausschuss
  • Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen
  • Rechnungsprüfungsausschuss

Hier müssen Ausschussmitglied und Stellvertreter Stadtverordnete sein!

  • Ausschuss für Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und Lokale – –
  • Agenda
  • Ausschuss für Internationales und Wissenschaft
  • Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie
  • Ausschuss für Planung, Verkehr und Denkmalschutz
  • Ausschuss für Soziales, Migration, Gesundheit und Wohnen
  • Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz
  • Ausschuss für Wirtschaft und Arbeitsförderung
  • Bau- und Vergabeausschuss
  • Betriebsausschuss SGB Kulturausschuss

Hier können die Ausschussmitglieder und ihre Stellvertreter auch sachkundige Bürger sein. Die sachkundigen Bürger werden von der Gruppe/Fraktion gewählt und eingesetzt.

Wird die Ausschussgröße verringert, ist für Gruppen die Entsendung von Ausschussmitgliedern (rechnerisch nach Haare-Niemeyer) nicht mehr möglich. Damit entfällt dann auch die Vergütung für sachkundige Bürger in den Ausschüssen.

Nach der Wahl werden alle Regelungen neu verhandelt. Offiziell wird dabei ein Konsens angestrebt. Dennoch zeigen die größeren Parteien wenig Interesse, kleineren Oppositionsparteien möglichst viel Spielraum zu überlassen. Daher ist es wichtig, nach der Wahl möglichst schnell mit anderen kleinen Parteien ins Gespräch zu kommen, um zumindest kurzfristig eine Interessengemeinschaft zu bilden, bis sich Rat und Ausschüsse konstituiert haben.